Vergleich der Standortbedingungen
in den Ländern Deutschland, Ungarn und China
unter spezieller Berücksichtigung der Anforderungen von ebm-papst
Im Zuge der Globalisierung müssen immer mehr Firmen kooperieren und enger zusammenarbeiten, um trotz der weltweiten Konkurrenz zu bestehen – dazu ist es u.a. notwendig, einzelne Produktionszweige ins Ausland zu verlegen. Dieser Vorgang soll im Folgenden anhand der Vorzüge und Nachteile deutscher, chinesischer und ungarischer Produktionsstandorte für die Firma ebm-papst erläutert werden.
Produktions- und Vertriebsstandorte von ebm-papst
I Qualifikation
Der entscheidende Standortvorteil von Deutschland ist die überdurchschnittlich hohe Qualifikation der Arbeiter: Das Lesen und Verstehen der Bedienungsanleitungen diverser Maschinen ist Vorraussetzung, um eine Tätigkeit bei ebm-papst ausführen zu können. Die allgemeine Schulpflicht in Deutschland garantiert jedem deutschen Bürger ein gewisses Bildungsniveau, das auf einer gewissen Lesekompetenz sowie Textverständnis fußt. Somit ist es theoretisch jedem Bürger möglich, Tätigkeiten bei ebm-papst auszuführen, da jeder Bürger die entsprechenden Anweisungen lesen, verstehen und umsetzen kann. In Ungarn ist Analphabetismus weiter verbreitet als in Deutschland, allerdings kann auch ein Großteil der ungarischen Bevölkerung die nötigen Anweisungen zur Ausführung der Arbeit lesen. Hier kann somit ein Großteil der Ware produziert werden, die auch in Deutschland hergestellt wird. Dies ist ein weitaus schwerwiegenderes Problem in China: Das Bildungsniveau der Bevölkerung ist entweder sehr gut, oder sehr schlecht - es gibt kaum eine Mittelschicht mit einer soliden schulischen Ausbildung. Selbst wenn eine schulische Grundausbildung absolviert wurde, ist es unwahrscheinlich, dass die Arbeiter das lateinische Alphabet lesen und verstehen können. In China werden folglich nur einfache Arbeiten verrichtet, die nicht auf dem Lesen diverser Anleitungen der Maschinen basieren.
Für komplexere Arbeitsvorgänge werden in Ungarn, aber vor allem in China sog. „Supervisor“ engagiert, die mehrere Arbeitsvorgänge kennen und verschiedene Sprachen sprechen und den Betreffenden die Arbeitsanweisungen übersetzen und ggf. erklären.
Obwohl die Werke in Deutschland, Ungarn und China aufgrund der Qualifikationsunterschiede verschiedene Produkte anfertigen – die Schwierigkeit der zu verrichtenden Tätigkeit ist proportional zum Bildungsstand - garantiert die Firma ebm-papst unabhängig vom Produktionsort einen gleich bleibend hohen Qualitätsstandart.
II Lohnkosten
Die Lohnkosten sind in Deutschland (im Vergleich zu Ungarn und China) verhältnismäßig hoch. Sie sind der entscheidende Punkt, weshalb immer mehr Arbeitszweige ins Ausland verlegt werden – dabei handelt es sich vor allem um Tätigkeiten, die keine hohe Qualifikation voraussetzen. Vor allem in asiatischen Ländern ist das Pro-Kopf-Einkommen sehr gering, 14 dieser Länder gehören den LDC (Last Developed Countries), also den ärmsten Entwicklungsländern, an - d.h. das Pro-Kopf-Einkommen beträgt jährlich weniger als 600 $. Firmen wie ebm-papst können in diesen somit besonders kostengünstig produzieren. Man darf dabei nicht außer Acht lassen, dass somit zwar Investitionen ins Ausland fließen, diese durch die billige Produktion aber deutsche Arbeitsplätze, zum Teil sogar ganze Firmen vor dem Konkurs retten. Inzwischen spricht man sogar davon, dass ein Arbeitsplatz von ebm-papst in Ungarn einen Arbeitsplatz in Deutschland sichert. Die niedrigen Lohnkosten im Ausland sind, neben der meist geringeren Qualifikation der Mitarbeiter, ein weiteres Kriterium für die Ausführung leichter zu bewerkstelligender Tätigkeiten. In die sog. „Billiglohnländern“ würde sich der Transport der teuren und hochsensiblen mechanischen Gerätschaften sowie deren Aufbau (ungeachtet des allgemeinen Wissensstandes der Arbeiter) allein aus ökonomischer Sicht nicht lohnen.
III Arbeitsbereitschaft
Auch die Arbeitsbereitschaft ist in ärmeren Ländern tendenziell höher als in Ländern mit hohem Pro-Kopf-Einkommen. Dies lässt sich erklären, wenn man die sozialen Strukturen näher beleuchtet: Meistens existieren keine speziellen Hilfen für Erwerbslose im Ausland, sodass diese auf ihren Arbeitsplatz deutlich mehr angewiesen sind als deutsche Arbeiter. Somit nehmen ausländische Erwerbstätige auch lange Arbeitszeiten und niedrige Löhne in Kauf, um ihre Anstellung zu behalten.
Die kostengünstige Produktion für ebm-papst sowie die Aufrechterhaltung deutscher Produktionsstandorte wird somit durch die Verlagerung von bestimmten Arbeitsabläufen nach Ungarn und China gewährleistet.
Allerdings nimmt auch in Deutschland die Bereitschaft zu, selbst bei gleich bleibender Bezahlung länger zu arbeiten. Da die deutschen Mitarbeiter von ebm-papst aufgrund ihrer höheren Qualifikation mehr in Planung und Durchführung von firmeninternen Projekten involviert sind, fühlen sie sich für diese in höherem Maße verantwortlich als ausländische Mitarbeiter von ebm-papst und sind daher eher bereit sich auf flexible Arbeitszeiten einzulassen und ggf. Überstunden zu leisten. Durch diese Bereitschaft ist es ebm-papst möglich, mit der Produktion gezielt auf Angebot und Nachfrage zu reagieren. Dieser Flexibilisierungsprozess wird sich in den kommenden Jahren weitert verstärken und trägt dazu bei, dass die Firma ebm-papst auch in Zukunft im globalen Wettbewerb eine führende Position einnimmt.
Alle von der Firma ebm-papst produzierten Waren werden eindeutig gekennzeichnet, sodass sogar der Herstellungsort der Einzelteile ersichtlich ist. Somit kann auf explizite Kundenwünsche eingegangen werden. Dies ist ein weiterer Grund für die Aufrechterhaltung der Produktion in Deutschland. Einige Kunden von ebm-papst bestehen darauf, nur in Deutschland gefertigte Produkte zu erwerben - sie nehmen dafür sogar höhere Preise in Kauf.
Anna Fritsche, Vera Faißt